Als die Azteken im 13. Jahrhundert im Becken von Mexiko siedelten, trafen sie auf ein ungewöhnliches Wesen, das im Texcoco-See lebte. Basierend auf den Worten „Atl“ (Wasser) und „Xolotl“ (aztekischer Gott der Unterwelt), tauften sie den als Dauerlarve lebenden Schwanzlurch „Axolotl.“
Der Axolotl kam in großen Zahlen in dem gigantischen Gewässer vor, das sich damals über eine Fläche von 5670 km² erstreckte, was mehr als der zehnfachen Fläche vom Bodensee entspricht. Dort hatte der Abkömmling des Tigersalamanders bereits seit 10.000 Jahren ungestört gelebt. Mit der Ankunft der Azteken nahm die Geschichte der Axolotl jedoch eine Wendung, die dem mexikanischen Schwanzlurch zum Verhängnis wurde.
Die Geschichte der Axolotl in Mexiko
Auf einer Insel inmitten vom Texcoco-See erbauten die Azteken ihre Hauptstadt Tenochtitlan, die zum Höhepunkt schätzungsweise 150.000 Einwohner beherbergte und somit zu ihrer Zeit als eine der größten Städte der Welt galt. Nur über einige künstliche Dämme aus Stein und Erde, die sich bei Bedarf unterbrechen ließen, war sie mit dem Festland verbunden und stellte dadurch eine schier uneinnehmbare Festung dar.
Dennoch gelang es den Spaniern 1521 nach erbitterten Kämpfen und lange andauernder Belagerung eben diese Stadt einzunehmen. Im Zuge der Eroberung wurde das ausgeklügelte System aus Dämmen, das das trinkbare Süßwasser der Zuflüsse vom Texcoco vom salzhaltigen See trennte, zerstört.
Zerstörung des Lebensraums vom Axolotl
In Folge dessen wurde den Axolotln, die nur in Süßwasser leben können, bereits vor hunderten von Jahren ein Großteil ihres Lebensraums genommen. Befasst man sich mit der Frage, warum Axolotl vom Aussterben bedroht sind, kommt man schnell zur Erkenntnis, dass der Untergang der Axolotl-Population bereits vor vielen Jahrhunderten eingeläutet wurde.
Doch während die Lebensraumzerstörung der Axolotl mit der Eroberung Mexikos begann, verschlimmerte sich das Problem drastisch, nachdem aus den Ruinen Tenochtitlans die heutige Millionenmetropole Mexico City hervorging. Um Flutungen zu verhindern und Siedlungsraum sowie Fläche für Agrarkultur zu schaffen, wurden im Laufe der Jahre große Teile der umliegenden Gewässer trockengelegt.
Xochimilco-See und Chalco-See
Einzige Überbleibsel des einst gigantischen Texcoco-Sees sind der fast gänzlich trockengelegte Chalco-See und die letzte Zuflucht des Axolotls, der Xochimilco-See. Dieser besteht jedoch größtenteils nur noch aus einem Geflecht menschengemachter Kanäle, die die schwimmenden Gärten von Xochimilco bilden.
Der Axolotl in Europa
In der freien Wildbahn zählt der Ambystoma mexicanum heutzutage als nahezu ausgestorben, doch in der Heimtier-Haltung gibt es wahrscheinlich mehrere Millionen Axolotl. Doch wie kam es überhaupt dazu, dass dieses kuriose Wesen aus dem fernen Mexiko zu einem derart beliebten Haustier für Aquarianer wurde? Nun, um dieser Frage auf den Grund zu gehen, müssen wir das Rad der Zeit erneut um mehrere hundert Jahre zurückdrehen.
Forschungsexpedition von Alexander von Humboldt
Der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt, ein weltbekannter reisender Universalgelehrter, gelang im Rahmen einer Forschungsexpedition auf dem Südamerikanischen Kontinent an zwei Ambystoma mexicanum. Die präparierten Axolotl, die damals noch als mexikanische Molchfische bezeichnet wurden, brachte er 1804 nach Europa. Dort dienten sie als exotische Kuriosität im Pariser Naturkundemuseum.
Die ersten lebenden Axolotl trafen erst 1864 Jahre später in Europa ein. Es handelte sich um 34 Tiere, die nach einer Expedition in Mexiko als kleiner Teil einer großen Sammlung natürlicher und kultureller Artefakte nach Paris gebracht wurden. Dort übergab man sie an die ‘Société impériale zoologique d’acclimation’.
Was machte Axolotl so besonders?
6 von den 34 Exemplaren erhielt nach einer Weile Georges Cuvier, 5 davon Männchen und 1 Weibchen. Cuvier war ein Professor des Museum d’Histoire naturelle in Paris, der sich hauptsächlich mit Amphibien und deren Anatomie auseinandersetzte. Er hatte bereits herausgefunden, dass alle ausgewachsenen Amphibien hauptsächlich mit ihrer Lunge atmen, und nur die Larven Kiemen zur Atmung benutzten.
Zunächst war er deshalb davon ausgegangen, dass es sich bei den 6 Axolotln um Larven handeln musste, da sie über Kiemen verfügten. Nur ein halbes Jahr später, hatte er seine Theorie jedoch wieder aufgegeben und verlautete das genaue Gegenteil seiner bisherigen Aussagen.
In dem vermeintlichen Larvenzustand, in dem er die Axolotl erhalten hatte, pflanzten sie sich nämlich fort. Dadurch wurde ihm bewusst, dass es sich bei den Axolotln, anders als ursprünglich vermutet, um ausgewachsene Exemplare handeln musste. Denn die Geschlechtsreife setzt bei Amphibien das Adultstadium voraus.
Hybridisierung der ursprünglichen Axolotl
Zwar befand sich unter den 34 Exemplaren, die nach Europa verschifft wurden, bereits ein leuzistischer (weißer) Axolotl, beim Rest handelte es sich jedoch um Wildlings-Farbschläge. 1969 gelang jedoch die Kreuzung von einem albinotischem Tigersalamander-Weibchen mit einem männlichen Axolotl. Durch anschließende Rückkreuzung erfolgte die Zucht von albinotischen Axolotln.
Aus dieser Kreuzung gingen viele weitere Zuchtformen hervor, die sich durch ihre Farbeigenschaften voneinander unterscheiden. Die Ausbreitung der Hybride durch die attraktive Farbgebung führte dazu, dass inzwischen vermutlich kaum noch Axolotl im Heimtierhandel existieren, die dem ursprünglichen Axolotl genetisch entsprechen.
Fazit
Axolotl begleiten den Menschen schon seit vielen Jahrhunderten, gleichermaßen wird die Existenz des Querzahnmolches aber auch seit fast genau so vielen Jahrhunderten bedroht. Die Geschichte des Axolotl ist eine faszinierende, aber zugleich auch traurige und ernüchternde Geschichte.
So wurde die einst gigantische wildlebende Population zu einem Großteil ausgerottet, während die vielen Axolotl, die in heimischen Aquarien leben, dem wildlebenden Axolotl oftmals genetisch nur wenig ähnlich sind.
Nur eine Handvoll von Leuten beschäftigen sich aktiv damit, den im Xochimilco-See lebenden Ambystoma mexicanum vor dem Aussterben zu retten. Das Schicksal dieser Art liegt somit in der Hand von nur wenigen Menschen, und somit auch die Frage, ob sich die Geschichte des Axolotls noch zum Guten wenden kann. Was getan wird, um das Aussterben vom Ambystoma mexicanum zu verhindern, erfährst du im Blogbeitrag – Warum sind Axolotl vom Aussterben bedroht?